ANMERKUNG ZUR TRÄGERBEZAHLUNG
1991/1992 – Basis Bankkurs 32.- Rs = 1.- DM
Den Nepalis wurde das 20te Jahrhundert übergestülpt. Viele von ihnen hatten keine Bildungschance. Aufgrund fehlender Bildung haben die meisten Träger keine andere Möglichkeit zum Lebensunterhalt als zu tragen. Es sind Chancenlose. Das ist bei der Entlohnung zu bedenken.
Man sollte die Träger als Kameraden behandeln, ohne die Entscheidungskompetenz zu vergeben. Wer sich den Flug nach Nepal leisten kann, hat auch das Geld für entsprechende Trägerbezahlung. Das persönliche Ausrüstungsvolumen ist auch eine Überlegung wert.
Bei Individualtouristen habe ich eine durchschnittliche Bezahlung von 200 bis 250 Rs pro Tag festgestellt. Das sollte der Mindestsatz sein. Die Lasten betrugen dabei 15 bis maximal 20 kp. Die Behandlung der Träger durch Individualtouristen ist meist wesentlich besser als bei Reiseunternehmen.
Der durch europäische Reiseunternehmen gezahlte Tagessatz betrug 1991/92, soweit mir das zu Ohren kam, 100.-Rs. Wie ich gehört habe, will die Regierung von Nepal den Tagessatz demnächst auf mindestens 130.-Rs festlegen. Auch das ist viel zu wenig! Für Übernachtung mussten die Träger selbst sorgen. Ich habe die Lasten nicht gewogen, aber ich denke sie lagen weit über 20 kp. Angeblich z.T. bis knapp 30 kp. Ich betrachte das was sich da abspielt als Ausbeutung von Chancenlosen.
Man sollte nicht denken, dass die Einsparung bei den Trägern den Touristen zu Gute käme. Die werden auch ordentlich zur Kasse gebeten. Die sind allerdings im Gegensatz zu den Trägern nicht wehrlos, sondern sind selbst schuld wenn sie mitmachen.
Es gibt zumindest einen Reiseveranstalter, bei dem es sich um die profitable Tochtergesellschaft einer sog. “gemeinnützigen“ Organisation handelt. Da betrachte ich solche Handlungsweise als eine Schande. Solche Konstellationen sind leider juristisch zulässig. Leider!
Die nepalischen Veranstalter von Trekkingtouren haben sich leider bezüglich Trägerlohn am schlechten Beispiel der Europäer orientiert. Aber sie arbeiten allgemein mit kleinerer Gewinnspanne, d.h. der Tourist schneidet besser ab. Es bietet sich dadurch für den Touristen die Möglichkeit die Träger, die die Hauptarbeit leisten, vom eingesparten Geld zusaetzlich zu belohnen. Aber bitte direkt belohnen, die Macher verdienen genug.
Die europäischen Veranstalter sollten auch nicht mit dem Schwachsinn der Schaffung von Arbeitsplätzen kommen. Bei uns würde man solche Tätigkeiten wahrscheinlich als unzumutbar ablehnen.
Wir haben unserem Träger 500.-Rs pro Tag gezahlt. Seine Last betrug 14 kp. Zusätzlich sind wir für Verpflegung und Übernachtung aufgekommen. Am Ende der Tour bekam er noch div. Ausrüstung. Eine solche Bezahlung kann sich jeder Europäer leisten, ohne übermäßige Belastung seiner Reisekasse.
Dem Träger verhilft eine solche Bezahlung zu einer für Nepali Verhältnisse und
-Preise guten Lebensgestaltung. Vor allem aber erhält er dadurch die Möglichkeit, seinen Kindern eine bessere Bildung zu bieten als er sie hatte.
Wir haben in Pokhara unseren Träger von 1969 wiedergefunden. Damals war er frisch eingetroffener Tibet-Flüchtling. Er ist jetzt 56 Jahre alt und betreibt ein Souvenirgeschäft. Das Tragen, sagte er mir, wäre ihm inzwischen zu anstrengend.
Er erinnerte sich noch gut, dass er von uns anständig bezahlt wurde und zusaetzlich warme Sachen etc. geschenkt bekam. Er erzählte mir, dass er seinen Trägerlohn immer gespart hätte, um seinen Kindern eine ordentliche Ausbildung zu ermöglichen. Er selbst habe nie Zeit gehabt lesen und schreiben zu lernen, weil er immer Geld verdienen musste. Seine 4 Kinder aber können alle lesen und schreiben. Ist das nicht schön?! Einer seiner Söhne studiert z.Zt. in Indien Mathematik, fügte er stolz hinzu.
Nur wenn ein Träger mehr Geld erhält, als er für seine Ernährung braucht, wird so etwas möglich. Ein solches Wiedersehen kann nur dann harmonisch sein, wenn man sich seinem Träger gegenüber anständig verhalten hat.
Harry Rost, geschrieben Oktober 1992