Reisebericht Darjeeling und Sikkim Reise 1992
01.04.1992. Wir landen am Abend, von Calcutta kommend, in Bagdogra. Nach einer wilden Nachtfahrt erreicht unser Bus kurz nach 01:00 Darjeeling. Uebergangshotel fuer eine Nacht, und Hotelsuche am naechsten Morgen. Danach koennen wir uns in der Gegend umschauen.
Darjeeling ist ein schoener Ort, mit sympathischen Menschen, und um diese Jahreszeit sehr angenehmen Klima. Es wird nicht gebettelt. Es gibt gute Restaurants, und der Tee ist ganz besonders gut. Nur angenehme Feststellungen.
Wir sehen uns die Umgebung an. Tiger Hill, einige Kloester, Tibetan Camp und ein paar Kletteruebungen am Tensing Rock bilden unser Programm. Danach leihen wir uns Schlafsaecke aus, und besorgen uns Info’s zur Trekkingroute. ( Wie wir erst spaeter feststellen entsprechen die Schlafsaecke deutschen Kindergroessen. )
Am Morgen des 07.04.1992 fahren wir per Bus nach Manebajang. Das Wetter ist zunaechst gut. Wir steigen den mit Stufen versehenen Trekkingsteig empor. Gelegentlich gehen wir auch ein paar Kehren ueber die zu dieser Zeit unbefahrene Staubstrasse.
Es faellt Nebel ein, gerade als wir zu den ersten bluehenden Magnolienbaeumen gelangen. Wir bedauern das sehr. Als wir Meghma erreichen, koennen wir die Monastery mit den Gebetsfahnen nur noch ganz kurz zwischen Nebelfetzen erkennen. Dann ist alles zu.
Nach kurzem Imbiss und einem Stueck Hartkaese ( so hart dass er mit dem Beil abgespalten werden muss ) wandern wir weiter nach Taubari in Nepal. In den naechsten 2 Tagen gehen wir, durch herrliche Rhododendron- und Magnolienwaelder, nach Sandakphu. Hier ist es sehr kuehl. Dafuer erleben wir einen herrlichen Sonnenaufgang.
Wir treffen auf dieser Tour nur sehr wenige Menschen. Aber es geht durch eine herrliche Landschaft. Der Weiterweg nach Phalut fuehrt ueber einen nahezu ebenen Ruecken in etwa 3600 m Hoehe. Bei schoenem Wetter haben wir staendig die Kanchenjungagruppe vor uns, und die Berggruppen von Lhotse, Everest und Makalu links von uns im Blickfeld.
Wegen des schoenen Wetters, der bluehenden Baeume und der tollen Aussicht, lassen wir uns fuer die Strecke bis Gorkhey 2 Tage Zeit. Hotel steht auf dem Dach des Hauses in dem wir dort uebernachten. Es gibt aber nur 3 Betten. Wahrscheinlich sind das, wenn keine Gaeste kommen, die Schlafplaetze der Familie. Eltern mit 5 netten Kindern.
Ein kleiner Bub hat gerade das Tintenglass des Vaters ausgetrunken. Um den Mund sieht er aus, als kaeme er aus den Heidelbeeren. Ich nenne ihn Tintenfresser. Die Familienmitglieder haben ihren Spass wenn ich diesen Namen verwende, obwohl keiner weiss was das bedeutet. Auch Tintenfresser ist wohlauf und hat seinen Spass. Scheinbar ist er immun gegen Tinte. Seine Schwester fragt mich leise, ob er sterben muesse. Ich sage ihr : “Wenn er morgen frueh noch lebt, wird er es sicher ueberstehen“.
Den Weiterweg nach Rimbik dehnen wir ueber 2 Tage aus. Wir wollen einfach noch ein bisschen unterwegs sein. Am 14.04.1992 bringt uns der Bus nach Darjeeling zurueck.
17.04.1992. Unser Bus erreicht Gangtok erst in der Dunkelheit. Wir bekommen nur ein mieses Hotel. Ein Massenschlafraum ist durch duenne Trennwaende in eine Art Umkleidekabinenreihe umgebaut. Das sind die Zimmer. Es ist laut und dreckig. Die durchwegs verstopften Toiletten befinden sich im Treppenhaus. Am Morgen gehen wir ohne Fruehstueck auf Hotelsuche. Wir finden ein schoenes Hotel, und wir finden auch zahlreiche interessante Orte in Sikkim, so unter anderem die Kloester Rumtek, Pondong und Pemayangtse.
In Rumtek haben wir ein besonders nettes und lustiges Erlebnis. Wir sitzen auf einer niedrigen Mauer und schauen den Bau- und Restaurierungsarbeiten zu. Viele Kinder spielen im Umkreis am Boden. Ein Maedel, mit ihrem wie ueblich auf den Ruecken gebunden kleinen Bruder, schaut uns neugierig an. Sie schiebt dabei staendig ihre Zunge durch eine Zahnluecke. Ich nehme meinerseits die obere Zahnprothese heraus, ziehe sie ein kleines Stueck nach vorn, und setze sie sofort wieder ein – nur so als Antwort auf ihr Verhalten.
Das Maedel greift spontan nach meiner Zahnprothese und moechte sie herausnehmen. Sie schafft das natuerlich nicht. Sie rutscht mit den Fingern an den Zaehnen ab. Nach mehreren missglueckten Versuchen ruft sie andere Kinder herbei. Fuer die naechste Stunde haben wir, und auch diverse herumstehende Touristen, ein lebendiges Unterhaltungsprogramm. Alle Kinder versuchen sich an meiner Prothese. Dabei waschen sie sich gleich ihre nicht gerade sauberen Finger. Jeder darf mal probieren. Danach versuchen sie es teilweise auch noch bei Inge und bei sich selbst.
Zahnprothesen sind in Indien und Nepal nicht mehr unbekannt. In den Staedten sah ich sie in Schaufensterregalen liegen. Man probiert sie an wie Schuhe. Bis in solch kleine Orte wie Rumtek ist die Kunde davon wahrscheinlich noch nicht durchgedrungen.
In Sikkim ist der Individualtourismus stark eingeschraenkt. Bis wir wissen wie alles trotzdem geht, ist unser Permit nahezu abgelaufen. Uns bleibt nur noch die Zeit fuer einen 2 Tage Trip nach Yuksom.
Nach kurzem Aufenthalt in Kalimpong treten wir die weiterreise nach Nepal an. Dabei trifft unsere Maschine mit Verspaetung in Calcutta ein. Der Anschlussflug ist schon weg. Wir werden kostenlos im sehr luxerioesen Ashok International Airport Hotel untergebracht. Eine nicht unangenehme Abwechslung. Im Normalfall waere der Hotelpreis hoeher als der Preis unseres Fluges.