Umwelt

Gedanken zum Thema Entwicklungshilfe und Umwelt

Angeblich verbrauchen die Industrieländer die meiste Energie und fabrizieren den Mammutanteil der Umweltverschmutzung. Auf dem Gebiet der Luftverschmutzung kann ich das einfach nicht mehr glauben. Geht mal im Dezember nach Gaya, dann wisst Ihr vielleicht was ich meine.

Evtl. stimmt das laut Statistik. Statistiken erfassen oft nur was registriert ist. In Drittweltländern ist nur wenig registriert. Und wenn sind sicher nur Stückzahlen registriert, keine Wirkungsgrade.

Ich denke verbesserte Energienutzung wäre gerade in Drittweltländern gut möglich. In Industrieländern, wo alles weitgehend ausgereizt ist, sind mit großem Aufwand nur noch kleine Verbesserungen zu erzielen. In Entwicklungsländern ist das Verhältnis genau umgekehrt.

Habe in Gamgadhi ein kleines Solarkraftwerk gesehen. Ein abgeschlossenes Entwicklungsprojekt. In Marpha hatte ein Hotelier Sonnenkollektoren installiert, um seinen Gästen heißes Wasser zu bieten. Vereinzelt habe ich auch Solarmodule auf Privathäusern gesehen.

In Nepal und Indien z.B. wird ein großer Teil des Tages zur Speisen- und Getränkezubereitung verwendet. Das ist in den meisten Drittweltländern so. Es hängt mit dem Speiseplan, Reis, Dal, Chapati und Tee dreimal täglich, zusammen. Trotz hoher Temperatur muss deshalb das Feuer über viele Stunden unterhalten werden. Bevorzugtes Brennmaterial neben Dung ist Holz. Das wird voraussichtlich auch so bleiben.

Die Aufklärungsplakate der Regierungen werden da wenig ändern. Der Holzverbrauch ist seit Urzeiten üblich. Das hat vor dem Bevölkerungszuwachs auch kaum geschadet. Wie soll ein Nepali, mit seinem Bildungsstand und in einem Land wo der Transport vorwiegend noch auf Menschenrücken abgewickelt wird, verstehen dass er einen Benzinkocher verwenden soll, wo doch das Holz kostenlos ist. Benzin- oder Gaskocher ist außerdem auch nur eine Teillösung.

Drittweltländer liegen allgemein in der heißen Zone. Sonnenenergie ist mehr als reichlich vorhanden, und kostenlos. Es steht auch genügend Fläche für die Nutzung zur Verfügung. Was liegt näher ?

Projekte wie das Solarkraftwerk in Gamgadhi sind leider wenig effektiv. Wenn man die nepalesische Ortsverkabelung ansieht wundert das nicht. Bis Kraftwerksausgang ist alles i.O. Danach permanente Störung.

Der Strom wird für Beleuchtung genutzt. Die alte Ölfunzel hätte das auch weiterhin getan. Die Menschen in den Bergdörfern gehen sowieso früh schlafen. Nachtstrom braucht Speicherkapazität, d.h. Akku’s. In einem Land wo fast alles getragen wird, ist mit der Entsorgung über den Hang zu rechnen.

Ich meine es wäre richtiger den Nepali’s Niederspannungskochplatten zu geben. Gekocht wird am Tag. Das braucht keine Speicherkapazität. Damit würde der Abholzung und der Erosion Einhalt geboten. Feuerstellen in Häusern ohne Rauchabzug sind außerdem gesundheitsschädlich.

Die Stromversorgung sollte dezentral erfolgen. D.h. jeder Familie das Solarmodul auf das Flachdach. An der kurzen Leitung vom Dach in die Küche wird es kaum Störungen geben, und wenn können sie die Bewohner selbst beheben. Die Häuser sind meist eingeschossig und bieten mehr als ausreichend Fläche. Da passt der Sonnenkollektor für eine Dusche auch noch drauf.

Zur Finanzierung ist zu sagen. Produkte aus Hochlohnländern sind für Niedriglohnländer zu teuer. Basismaterial und KnowHow würde Arbeitsplätze schaffen und gleichzeitig zur Eindämmung des Flüchtlingsstromes aus den Entwicklungsländern beitragen.

Wer mit offenen Augen durch die Welt reist kann vieles sehen. Aber er sieht auch vieles was in die falsche Richtung läuft, z.B. wenn Honig aus Europa in Kathmandu verkauft wird statt umgekehrt. Ein Abwassernetz für Kathmandu wäre sicher wichtiger als die angeblich mit deutscher Entwicklungshilfe gebaute Brauerei.

Von den Balkonen der 5 Sterne Hotels sieht man das allerdings nicht.

Harry Rost,  geschrieben Oktober 1992