Reisebericht Indonesien Reise 1993
Am 20.06.1993 landeten wir in Denpasar auf der Insel Bali, und erreichten Ubud per Taxi. Wir fanden in Penestenan, einem Dorf bei Ubud, einen schönen Bungalow. Hier verbrachten wir einige gemütliche Tage zur Akklimatisation.
Einige Tage später Flogen wir nach Ujung Pandang auf Sulawesi. Die Managerin des Mandar Inn Hotels, Uda Pudariati, eine 23 jährige Islamische Theologiestudentin, half uns in ihrer überaus freundlichen und uneigennützigen Art die Weiterfahrt etc. vorzubereiten.
Danach fuhren wir per Bus und Bemo über Pare Pare nach Mamasa, in den Bergen von Westtoraya. Hier erlebten wir das totale Gegenteil zu Uda. Daniel, der Bruder unserer Wirtin, versuchte alle Traveller über den Tisch zu ziehen. Mit falschen Darstellungen über Schwierigkeiten und Gefahren versuchte er seine überflüssigen Dienste als Führer zu verkaufen. Unter Ausnutzung seiner indonesischen Sprachkenntnisse versuchte er sich in jede Abmachung mit Bemofahrern etc. einzuschalten, und den Mammutanteil des Gewinns fuer sich einzustreichen. Glücklicherweise war das die einzige Begegnung dieser Art. Ansonsten haben wir in Indonesien gute Erfahrungen gemacht. Nach einigen Wandertagen durch die Reisfelder und Dörfer um Mamasa starteten wir zu einem Dreitagetrip über Timbaan und Paku nach Bittuang.
Danach folgten interessante Touren im Gebiet um Rantepao mit Felsengräbern, Bestattungshöhlen, Totenfest usw.
Per Bus erreichten wir am 16.07. Pendelo am Poso See, den wir am 18.07. per Boot überquerten. Am 20.07. flogen wir mit Christina und Thomas, die wir schon in Ujung Pandang kennen gelernt hatten, und denen wir auf der Folgestrecke mehrmals begegnet waren, mit einer kleinen Cesna nach Doda im Besoa Tal. Für den holländischen Piloten war dies sein erster Flug in dieser Gegend. Er brauchte klare Sicht um den winzigen Flughafen zu erkennen, der sich von den Wiesen der Umgebung kaum abhob.
Haben uns dort einige Steinfiguren und -Gefäße, sogenannte Kalambas, die Vorrats- oder auch Bestattungsgefäße gewesen sein könnten, in einer Gegend wo es keine Steine gibt, angeschaut. Am 23.07. folgte ein zweiter Flug, diesmal von Doda nach Gintu im Bada Tal. Hier haben wir wieder Steingefäße und –Figuren angeschaut. Zu einer dieser Figuren war eine Flussüberquerung per Bambusboot erforderlich. Das Boot trug neben dem Fahrer immer nur eine Person, und dabei war die Sitzfläche bereits leicht unter Wasser. Inge fuhr als Erste. Sie erreicht das andere Ufer nur sehr kurz vor einer Stomschnelle. Danach haben wir die Abfahrt etwas stromaufwärts verlegt
Am 25.07 sind wir dann nach Tuare gewandert. Eine sehr kurze Strecke. Von da ging es am nächsten Tag weiter nach Moa, mitten im Dschungel. Wir fanden hier ein gutes Quartier und eine schöne Badestelle. Wir badeten alle vier nackt am Damenstrand. Die Einheimischen schauten, gut verborgen aus der Ferne, neugierig zu. Am 27.07. erreichten wir gegen Abend Gimpu. Vorher war allerdings noch eine stramme Flussdurchquerung zu meistern. Dabei wurde der Inge, die im stark strömenden Fluss auf den schlüpfrigen Steinen Schwierigkeiten hatte, von einheimischen Burschen geholfen, während ich ihr den Rucksack abnahm. Bis hierher reicht die Straße von Palu, weshalb wir uns am Abend nach dem heißen Tag noch ein Bier leisten konnten.
Anderentags ging es per Bemo nach Palu, und am nächsten Tag per Flugzeug zurück nach Ujung Pandang.
Christina und Thomas reisten gleich weiter, während Inge und ich am Abend noch zu einem Fest der Mandar’s eingeladen wurden. Das ist einer der 4 Stämme die auf Sulawesi leben. Sie haben auch einen eigenen König, allerdings ohne Befugnisse.
Am Abend des 31.07. trafen wir dann per Bus in Bira ein, wo Christina und Thomas bereits auf uns warteten. Die Fähre nach Selayar hatte einen Schaden, und so nahmen wir gemeinsam ein kleines Fischerboot zu Überfahrt. Das war auch ein besonderes Erlebnis. Es war erstaunlich wie der Fischer die kleine Nussschale über die Wellenkämme steuerte.
Am 02.08. erlitt die Inge leider einen Unfall dem die kleine Sanitätsstation auf Selayar nicht gewachsen war. Sie war gestürzt und hatte einen Knöchelbruch erlitten. Aus unserem schönen Abenteuer wurde ein Abenteuer ganz anderer Art. Mit einem Bemo hatten wir sie in das gebracht, was sich auf Selayar Klinik nannte. In Europa würde man das wohl als provisorische Sanitätsstation bezeichnen. Ein Raum mit 2 Pritschen, und diese sicher nicht steril. Auf einer der Pritschen wurde zum Zeitpunkt eine Polizistin genäht.
Unser Glück war, dass Christina und Thomas Ärzte sind. Sie hatten gerade promoviert, aber noch kein Zeugnis. Doch das war in unserem Fall auch nicht erforderlich. Ein Röntgengerät gab es nicht. Das Telefon hatte nur inselinternen Anschluss, war für uns also wertlos. Der Chefarzt hatte Straßenbekleidung. Das Hauptinventar war eine Art erweiterte Hausapotheke.
Inge hatte einen halboffenen Bruch ersten Grades am linken Knöchel. Dem war die Leistungsfähigkeit der sogenannten Klinik bestimmt nicht angemessen, auch wenn alle sehr bemüht und hilfsbereit waren. Der Chefarzt und seine Helfer beratschlagten. Dann wurde eine Spritze aufgezogen und die Umgebung der Bruchstelle örtlich betäubt. Die Spritze befand sich glücklicherweise noch in der Originalverpackung, war also steril.
Christina und Thomas die auch mit im Krankenhaus waren, betrachteten alles was gemacht wurde mit Sachverstand. Aber es wurde nicht viel gemacht. Die Möglichkeiten fehlten. Man stellte nur den Fuß gerade. Dann wurde die Umgebung der Wunde mit Alkohol abgewaschen. Auf die Wunde kam ein Stück Mull und danach wurde die ganze Sache mit einer Elasikbinde umwickelt. Eine Schiene oder ähnliches war nicht vorhanden.
Der Arzt meinte, das würde wohl von selber heilen, und vielleicht sei es auch gar nicht gebrochen. Dass ich eine Quittung fürs Arzthonorar benötigte, war ihm unverständlich. Aber vielleicht war so etwas doch schon mal vorgekommen, denn er brachte einen indonesisch geschriebenen Quittungsblock hervor. Einen Schriftkopf oder gar ein Durchschreibpapier gab es natürlich nicht. Aber was will man auch verlangen bei einem Arzthonorar von 5 000.-Rp. (umgerechnet 4,20 DM) Schließlich konnten wir noch aushandeln, dass Inge mit dem Bemo der Klinik ins Hotel und am Abend zur Fähre gebracht wurde. Mehr war wirklich nicht drin.
Der Fuß hing trotz Elastikbinde recht labil in der Gegend. (Wie sich später herausstellte war zusätzlich zum Bruch auch noch ein Band abgerissen.) Es bestand die Gefahr der vollen Durchspießung des Knochen durch die bereits arg beschädigte Haut. Als die örtliche Betäubung etwas nachließ, bekam Inge ziemlich starke Schmerzen.
Thomas meinte, er würde uns empfehlen, wenn der Fuß wieder ordentlich gehfähig werden soll, in ein deutsches Krankenhaus zu gehen. Da stand uns ein langer Weg bevor. Das war ohne Schiene nicht möglich.
Ich begab mich auf die Suche nach geeignetem Material. Thomas ging mit, während Christina bei Inge blieb und versuchte die Sache mit Leukoplast etwas zu stabilisieren.
In einem Gemischtwarenladen fand ich nach einigem Suchen ein Aktenablagegestell aus rotem Plastik. Thomas meinte: “Das wird zu schmal sein, da wird der Fuß nicht hinein passen“. Ich sagte: “Ich kann den Fuß nicht zum Probieren herüber holen. Ich kaufe das Ding einfach auf Verdacht, evtl. können wir etwas ausschneiden“.
Wir brauchten nichts ausschneiden. Die Breite passte. Nur außen mussten wir den Überstand abschneiden. Das war kein Problem.
Christina hielt die Idee für gut und begann gleich mit der Arbeit. Mit Christinas Schal und einer Mullbinde wurde der Fuß im Plastikgestell abgepolstert. Eine Mullbinde um das nach der Fußkontur zugeschnittene Gestell brachte den Halt von außen. So sah alles schon besser aus.
Die Fähre von Bentaeng nach Bulukumba fährt nur alle 2 Tage. Die Überfahrt dauert 7 Stunden. Wir hatten Glück, dass sie in der kommenden Nacht fuhr.
Auf der Fähre sitzen normalerweise die Leute dicht an dicht, zusammen mit Gepäck, Hühnern Hunden und was sonst noch mitfährt an Deck. Es gibt nur eine 4 Bett Kabine für die Matrosen, und eine 2 Bett Kabine für den Kapitän und den Offizier.
Ich konnte nach einigem Verhandeln 2 Betten von den Matrosen für 20 000.-Rp mieten. Ursprünglich wollten sie 50 000,-Rp. Danach kaufte ich noch eine flache Schüssel als Unterschieber. Entsorgung durch’s Bullauge.
Es gab keine Brücke zwischen Fähre und Landungssteg. Auf einer Trage wurde Inge hinüber gehievt. Ein alter Lehrer war mit unter den Helfern. Dem gelang es unsere beiden Betten gegen die Kapitänskabine zu tauschen. Hier waren wir wenigstens allein. Wir konnten abschließen, was für die Benutzung des Unterschiebers etc einige Vorteile bedeutete.
Der alte Lehrer saß noch einige Zeit bei uns in der Kabine und erzählte voll Stolz, dass der Arzt sein bester Schüler gewesen sei, und dass er mit dem Kapitän und einem mitfahrenden Lehrerkollegen gesprochen hätte, und dass die uns in Bulukumba ein Sanitätsfahrzeug für die Fahrt nach Ujung Pandang besorgen würden, und vieles mehr.
Christina uns Thomas brachten uns noch Mandarinen in die Kabine. Dann legten wir ab. Die See war relativ still. Inge hatte Schmerzmittel und Antibiotika genommen. So wurde die Überfahrt einigermaßen erträglich. Am Morgen erreichten wir Bulukumba. Sofort begann reges Treiben an Deck. Die Passagiere wurden von Familienmitgliedern und Freunden abgeholt. Lasten wurden transportiert und vieles mehr. Das dauerte fast 2 Stunden. Dann kam der Reinigungstrupp. Ich war inzwischen beim Kapitän gewesen und hatte nach dem Sanitätsfahrzeug gefragt. Der sagte mir, sein Freund der Lehrer sei an Land gegangen um das Fahrzeug zu besorgen. Aber es rührte sich nichts.
Bisher hatte ich abgewartet, weil der Trubel sicher nicht der richtige Zeitpunkt für Inges Transport gewesen wäre. Nun wurde ich ungeduldig und ging selbst an Land.
Ich fragte den Lehrer nach dem Sanitätsfahrzeug. Der sagte mir, der Weg in den Ort sei so weit, aber ich könnte auch mit einem Taxi nach Ujung Pandang fahren, und er würde da auch mitfahren. Ein Taxi würde 50 000.-Rp kosten sagte er noch. Ihm ging es also nur um das kostenlose Mitfahren. Dazu brauchte ich ihn nicht, und das habe ich ihm auch gesagt.
Ein Taxi war nicht zu sehen. Nur einige Busse standen im Gelände und etwas abseits ein Kiosk. Ich ging zum Kiosk und fragte dort nach einem Taxi. Ein Mann wollte mir behilflich sein. Ich fragte nach dem Preis. Er verlangte 75 000.-Rp. Ich sagte ihm, der Preis nach UP ist nur 50.000,-Rp. Er meinte nach Ujung Pandang ja, aber zum Flughafen sind es 75 000.-Rp. Ich sagte, dass ich vom Flughafen nach Ujujng Pandang nur 10 000.-Rp bezahlt habe. Darauf einigten wir uns auf 60 000.-Rp. Der Mann verschwand und kam nicht zurück.
Nach einiger Wartezeit gab ich es auf und ging zu den 2 letzten noch verbliebenen Bussen. Die warteten noch, weil sie noch nicht total überladen, und damit noch nicht abfahrbereit waren. Ein Fahrer sprach mich an, weil er noch Fahrgäste suchte. Ich erklärte ihm, dass ich einen Liegeplatz benötige, wegen Inges gebrochenem Fuß. Sofort wurde aus vollen Reissäcken eine Liegefläche hergerichtet, und einige Männer gingen mit zur Fähre um Inge zu holen..
Die Fähre hatte nicht nur 1m Abstand vom Landungssteg, sondern auch 1m Höhenversatz. Über eine schräge Rutsche musste Inge nun an Land gezogen werden. Viele, ja zu viele, wollten helfen, z.T. auch wegen der zu erwartenden Rupees. Es war gar nicht soviel Platz dass alle zupacken konnten. Alles verlief total unkoordiniert im Gewirr zahlreicher Stammessprachen. Es war unmöglich da Ordnung hinein zu bekommen, und Inge musste leiden. Ihr Fuß blieb im Gerempel nicht verschont. Vorwurfsvoll sagte sie: “Du bist so grob zu mir“. Dabei tat ich mein Bestes.
Wir brachten Inge schließlich zum Bus. Dort war inzwischen Streit ausgebrochen zwischen dem Busfahrer und Freunden des Mannes der das Taxi besorgen wollte. Dann wollte der Busfahrer nicht mehr. Mit einem Becak (Fahrradrikscha) ließ ich die Inge zum Kiosk bringen, wo wir sie zunächst im Schatten ablegten.
Inge hatte Durst, und der Kioskbesitzer wollte daraus gleich ein recht gutes Geschäft machen. Da wurde er allerdings von seiner Frau zusammengestaucht, so dass er sich gar nichts mehr zu nehmen getraute. Ich hatte alle Not ihm wenigstens den regulären Preis zu geben.
Dann kam das Taxi doch noch. Aber es war kein Taxi, sondern ein gechartertes Stadtbemo. (Kleinbus mit 2 schmalen Längsbänken, nicht gut gefedert.) Wir hatten keine Wahl. Der Beschaffer und 2 seiner Freunde stiegen mit ein, mit der Bemerkung, nur bis zum Bemostand. Ich willigte ein.
Nach 10 Minuten erreichten wir den Bemostand. Ich sollte zahlen. Ich sagte, dass ich erst am Ende der Fahrt zahlen würde. Sie bräuchten Geld fürs Benzin wurde mir gesagt, 10 000.-Rp. Also gab ich 10 000.-Rp. Der Fahrzeugbeschaffer steckte die
10 000.-Rp ein und stieg mit seinen 2 Freunden aus.
Alles klar. Bis Ujung Pandang also 50 000.-Rp und 10 000.-Rp für den Beschaffer + kostenlose Fahrt in die Stadt. So setzten sich also die 60 000.-Rp zusammen. Bei
75 000.-Rp hätte der Beschaffer ein besseres Geschäft gemacht. Für den Fahrer wäre das Geschäft gleich geblieben. Benzin brauchten wir nicht. Der Tank war voll. Man lernt nie aus.
Wenn ich dachte nun wäre alles klar, hatte ich mich getäuscht. Im Fahrzeug
Befanden sich zahlreiche Pakete und Päckchen die der Fahrer in diversen kleinen Orten abliefern musste. Teilweise waren die Zufahrten dahin sehr schlecht. Als wir endlich Ujung Pandang erreichten bog der Fahrer nach rechts ab. Nun ging es über Feldwege dahin. Ich erhob Einspruch, aber es war bereits zu spät. Der Fahrer meinte diese Strecke sei kürzer. Etwas mehr und gute Straße wäre für die Inge sicher besser gewesen. Dann kamen wir am Flughafen an. Total irre! Wir mussten doch zuerst ins Hotel zum Sachen holen, und danach zum Flughafen.
Also nun ins Hotel. Ich packte unsere Sachen zusammen und ins Auto. Ich hatte für unsere geplante Weiterreise Schiffstickets für die Pelni gekauft. Die schenkte ich der Uda. Sie sollte diese für sich zu Geld machen. Ich bat sie noch telefonisch für uns einen Flug UP – KL zu buchen, und unseren Heimflug KL – MUC auf jetzt umzubuchen. Dann verabschiedeten wir uns und ab ging’s zum Flughafen. Wir hatten Glück. In der nächsten Maschine nach Kuala Lumpur waren noch 2 Sitze frei, und die Uda hatte diese für uns reserviert. Die Machine Kuala Lumpur – München war voll belegt. Wir kamen auf die Warteliste. Aber noch während des Fluges erfuhren wir dass es 2 Rücktritte gegeben hatte. Inge wurde jeweils durch Ladelucken auf einer Trage in die Maschinen gehoben.
Ich hatte bereits von Kuala Lumpur mit der kleinen Inge, der damaligen Freundin von Matthias, telefoniert. Sie stand mit ihrem Auto in München am Flughafen. Auch mein Freund Paul Bernett, der zu dieser Zeit bereits schwerkranke Chefarzt der Sportklinik war informiert. So ging nun alles recht reibungslos. Inge bekam einige Nägel und Schrauben in ihre Knochen, und als die Nähte einigermaßen verheilt waren konnten wir nach Bali fliegen um unseren Packsack zu holen. Wir haben gleich eine ordentliche Reise daraus gemacht und u.a. auf Sumatra den Gunung Sibayak und den Bromo bestiegen. Für mich fiel auch noch der Rinjani auf Lombock dabei ab. Es war noch einiges mehr dabei. Danach musste die Inge wieder in die Sportklinik zur Entfernung der Metallteile. Anschließend begann sofort die nächste Reise.
Harry Rost, geschrieben 1993